Since Always and Forever
Wer Sara Ester Gredelj (Gesang, Piano) und Nina Korošak-Serčič (Schlagzeug) alias freekind. auch nur einmal live gesehen hat, wird dieses Debütalbum sehnsüchtig erwarten. Und wer dieses Album fühlt, der wird ihrem nächsten Gig entgegenfiebern. Große Worte, klar. Promogewäsch? Nö. Als das kroatisch-slowenische Duo vor einigen Jahren auf dem Waves Vienna Festival spielte, waren sie DER Talk der sonst gern so abgewichsten Branchen-Nasen – und als sie im letzten Jahr auf dem Reeperbahn Festival performten, steckten ihnen internationale Musikproduktionsfirmen ihre Nummern zu, nachdem diese zufällig am Gig vorbeiliefen und begeistert blieben. Die beste Nachricht ist aber, dass Sara und Nina den Vibe ihrer Live Performances in ihrem Debüt „Since Always And Forever“ einfangen konnten.
Und man muss bei diesen beiden tatsächlich von einem Vibe sprechen. Schon der erste Track nach dem Intro, „Found Love“, dürfte alle um den Finger wickeln, die in den letzten Jahren Little Simz oder Jorja Smith erlegen sind. Sara rappt und singt darin über ihren Weg zur „Selbstliebe“, die bei den beiden vor allem anderen steht. Nicht im Sinne des Egoismus, sondern als erster Schritt, um besser mit der Welt und seinen Mitmenschen klarzukommen. Nina spielt dazu einen kraftvollen Rhythmus, lässig und auf den Punkt zugleich – wie es eben nur Jazz-Drummerinnen können. Gepaart mit Saras Pianospiel und der spürbaren Chemie der beiden setzten sie den Vibe, der letztlich das ganze Album trägt. „Vulnerability“, das darauf folgt, ist eine ergreifende Soulballa- de, die einem schon nach den ersten Pianotönen einen Schauer über den Rücken jagt. Der Track ist geradezu radikal empathisch, eine Studie der eigenen Verletzlichkeit. „Kind to Yourself“ schlägt in die gleiche Kerbe, geht das Thema aber tanzbarer an: Ninas vertrackter Rhythmus trifft auf eine durchgehend singende Sara, die sich hier als formidable Soulstimme empfiehlt.
Man mag kaum glauben, dass Sara erst gar nicht singen wollte, aber dazu gleich mehr. Nina erzählt über das Kennenlernen der beiden: „Wir haben uns zuerst in einem Jazz-Workshop in Kroatien getroffen und später zusammen an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz studiert. Unsere Einflüsse waren vorher schon sehr von westlicher Musik geprägt: Jazz, Gospel, HipHop, R&B. Als Kind liebte ich Stevie Wonder, Kool & The Gang und Aretha Franklin – während des Studiums kam dann viel klassischer Jazz dazu.“ Nina, die übrigens eine Karriere als Profi-Karate-Kämpferin aufgab, um Musik zu studieren, spielte schon in einer Coverband und holte Sara an Bord. Nina motivierte Sara zum Singen und war regelrecht baff, wie gut das klang. Sara lächelt fast schüchtern, wenn sie das hört und sagt: „Ich habe mich immer nur als ‚die Pianospiele- rin‘ gesehen. Dabei habe ich schon immer gesungen, seit ich ein Kind war. Aber es hatte für mich etwas Therapeutisches, ich tat es, um Dinge zu verarbeiten und die Welt besser zu verstehen. Ich hätte nie gedacht, das mal auf einer Bühne zu tun.“ Spätestens hier merkt man den Vibe zwischen den beiden, der weit über eine musikalische Freundschaft hinausgeht. „Nina hat mir das Selbstbe- wusstsein gegeben, diesen Schritt zu gehen. Ich bin immer ein wenig grüblerisch und zweifelnd, während Nina so ein Aktion-Reaktion-Mensch ist, der unbedingt Musik machen will.“ Auch wenn freekind. hin und wieder mit einer Band spielen – am Ende und auch auf dieser Platte lief es immer wieder auf die beiden hinaus, die das Album gemeinsam einspielten.
Die elf Songs (das Intro nicht einberechnet) sind allesamt in der Länge eines Popsongs gezähmt, was diesen ultra-catchy klingenden Kompositionen sehr gut steht, aber sich nicht wirklich mit der Live Experience von freekind. deckt. Auf den Konzerten der beiden zeigt sich nämlich der Jazz Vibe ihrer Ausbildung, die Freude am Improvisieren, das gemeinsame Musizieren, das oft mit einem Lächeln oder einen Nicken die Richtung wechselt. Nina sagt dazu: „Ich bin sehr froh, dass wir diese beiden Seiten haben und ausleben können. Es gibt uns als ‚recorded version‘ – und bei den Shows weiß weiterhin niemand, was ihn oder sie erwartet.“ Gerade nach den Releases der Single „Visualize“ und „Found Love“ seien viele zum ersten Mal zu einem Konzert gekommen und hätten ihnen am Ende gesagt, dass sie begeistert waren, wie anders die Songs live klangen.“ Sara hingegen ist sehr froh, dass ihnen die „Zähmung“ gelungen ist. „Nina hat einfach mal einen Produ- zenten gefragt, wie lang ein guter Popsong sein müsse. Als der meinte ‚drei Minuten‘ hat Nina nur gemeint: ‚Challenge accepted!‘“. Es habe, so Nina, aber auch mit ihrer „Ungeduld“ zu tun. „Ich bin eigentlich ein ruhiger Mensch, aber wenn ich Musik mache, gibt es diesen Rush aus Begeisterung und Selbstzweifel. Diese Limitierung hat mir ein wenig geholfen, die Songs abzuschließen – neben meinen Meditationsübungen, die ich oft mache.“ Damit sind wir wieder beim oft beschworenen Vibe von freekind. Ihre Musik hat eine positive, fast hippiesk anmutende Kraft, die Hörerinnen und Hörer zugleich tröstend in den Arm nimmt, auf die Schulter klopft und auf die Tanzfläche schiebt – ohne dabei jemals ihre lässige, ehrliche Coolness zu verlieren. Wer daran zweifelt, der höre zum Abschluss dieses Textes einfach mal die Song „Good Vibrations“ und „Happiness“. Wer sich dann nicht besser fühlt, der fühlt auch sonst nix mehr
1 | IT`S A BEGINNING |
2 | FOUND LOVE |
3 | VULELNERABILITY |
4 | SAME LOVE |
5 | VISUALITZE |
6 | THE CYCLE |
7 | CARRY YOU |
8 | GOOD VIBRATIONS |
9 | HAPPIENESS |
10 | BRIGHT LIGHT |
11 | KIND TO YOURSELF |
12 | SINCE ALWAYS AND FOREVER |