Erfahrungen am rechten Rand mit Franziska Schreiber im Roxy
Am Abend des 16. Januars 2019 empfing das Ulmer Roxy die ehemalige Landesvorsitzenden der Jungen Alternative in Sachsen Franziska Schreiber. Dabei las sie aus ihrem Buch “Inside AfD”, welches über ihren Weg in die AfD, die Zeit darin und schlussendlichen ihren Ausstieg handelt. Das Buch kam bereits im vergangenen Sommer heraus und wird seitdem als Enthül-lungsbuch beworben.
Mitunter groß waren insofern auch die Erwartungen neuen Einblick in die Entwicklung der, nun auch vor kurzem vom Verfassungsschutz als Prüffall eingeordnete, Partei zu gewinnen, sowie zu verstehen, wieso eine junge Frau von damals 23 Jahren sich für diese Partei begeistern konnte.
Auffällig an ihrer Story ist der immer wiederkehrende Narrativ der persönlichen Bindung und Beziehungsgeschichte. Auch nach dem Austritt aus der AfD, wie sie auch im Interview mit Radio Free FM betonte, versteht sie ihren Weg vor allem als psychosoziale Ereignisgeschichte und weniger als eine Entwicklung ihrer politisch-ideologischen Überzeugungen. So verortet Schreiber sich heute als Sozialliberale, was Schreiber jedoch nicht wirklich als Veränderung zu ihrer früheren Einstellung versteht.
Trotz dieser scheinbaren ideologischen Konstante sucht man vergeblich nach einer Reflexion auf einen ideologischen Nährboden den gerade ihr eigener Liberalismus womöglich geboten hat. Teilweise liest sich ihre Beschreibung der AfD als eine von völkischen Nationalisten gekaperten Partei, so als ob es unerklärlich sei, dass ausgerechnet diese, unter Bernd Lucke als liberal-konservativ gegründeten, Partei diesem Prozess durchlaufen hat.
Diese Überbetonung der sozialen Dimension ihrer Aktivitäten führt aber auch zum vielleicht fruchtbarsten Teil ihrer Darstellung, nämlich ihre Position bezüglich des richtigen Umgangs mit AfD-Sympathisanten. Diese zeichne vor allem eine diffuse Wut aus, welche nur durch beständige menschliche Zuwendung kuriert werden könnte. Eine klare Absage erteilt sie jedoch den Stimmen die ein menschlich, persönliches Einlassen auf Personen mit politischer Annäherung verbinden wollen.
Was die Leser ihres Buches nur vermuten konnten, durften ihre Zuhörer im Roxy dann selbst in Erfahrung bringen. Vor ihnen stand eine selbstbewusste, artikulierte junge Frau die nicht nur ihre Stimme gefunden hat, sondern auch eine Mission für die nächsten Jahre. Ihr Ratschlag wie mit AfD-Wählern und Sympathisanten persönlichen umgegangen werden sollte, und das zugleich die gleiche freundliche aber bestimmte Haltung, niemals zu politischen Kompromissen oder rechter Diskurserweiterung führen darf, bleiben leider weiterhin von Bedeutung, wo doch die Strategie etablierter Parteien bisher war, selbst einen Rechtsruck vorzunehmen.
Das leider eine Reflexion über die ideologischen Voraussetzung für eine völkisch Nationalistische Partei, welches ein liberal-konservatives Milieus geboten hat und weiter bietet ausbleibt, mindert den Gewinn den die Veranstaltung und ihr Buch bietet leider ein wenig. Der Einblick in die psychosoziale Lage von AfD-Mitglieder lohnt sich dennoch.
Den Beitrag inklusive Teile unseres Interviews mit Franziska Schreiber könnt ihr rechts in der Audioleiste runterladen.