Das Leben ist zu kurz
für eintönige Musik.

Platte der Woche

Coverbild: 
KW 28 12.07. - 18.07.2021

Baw Baw Black Sheep

Artist: 
Rejjie Snow
Erschienen: 
09.07.2021
Label: 
300 Eintertainment

Kunst erlaubt es uns zu entfliehen, ohne jedoch jemals wirklich zu verschwinden. Filme, Bücher und Schallplatten – all das transportiert uns über die physische Welt hinaus an Orte, die wir vielleicht nicht ganz begreifen, aber nie vergessen werden. Mit diesem Mindset rappt Rejjie Snow. Seine Reime könnten mühelos ihren Platz in einem dieser verstaubten Bücher mit alten Dichtungen finden, während die Hooks betören wie mythischer Äther. Und sobald seine Platten zu Ende gespielt sind, verschwinden sie wieder in der Stille, als wären sie nie da gewesen. Ähnlich wie in einem Film ist der Raum zwischen Vor- und Abspann alles, was zählt...

Der gebürtig aus Irland stammende Künstler wurde für seine bisherigen Veröffentlichungen bereits von eine Reihe der bedeutendsten Kritikern hochgelobt – nun eröffnet er der Welt einen Blick auf sein zweites Album „Baw Baw Black Sheep“.
„Ich bin [das Album] mit Leichtigkeit und vor allem aus dem Blickwinkel angegangen, einen Kurzfilm mittels Musik zu schaffen", erklärt Rejjie. „Ich habe ‚Willy Wonka & die Schokoladenfabrik‘ immer geliebt und kann den Film wieder und wieder anschauen. Ich habe ‚Baw Baw Black Sheep‘ wie einen Soundtrack dazu ausgearbeitet. Und als ich dann den Film zusammen mit meinem Album aufgelegt habe, passte beides perfekt zusammen. Ich habe
versucht, all diese Gefühle einzufangen, und so ist die Musik sehr farbenfroh und die Texte oft fröhlich - genau das war auch mein Gemütszustand."
In vielerlei Hinsicht erfüllte sich mit dem Schreiben dieses Albums sein Schicksal: Der ursprünglich aus Dublin stammende Rejjie hatte schon von je her das Gefühl, aus der Masse herauszustechen. Abgesehen von der Tatsache, dass er in einem Land rappte, in dem es keine lebendige Hip-Hop-Szene gab, passte er auch nie wirklich zu seinen Freunden oder seiner Familie. „Ich bin noch heute derjenige, der ein bisschen zu albern und irgendwie einfach anders als alle anderen ist", bekräftigt er. „Die Leute haben immer gesagt, ich sei seltsam, also wurde ich zum ‚schwarzen Schaf'. Doch ich habe diese Unterschiede zu meinem Vorteil gemacht. So wurde beispielsweise mein ADHS zu einer Superkraft anstatt zur Schwäche."
Eben diese „Superkräfte" waren es letztlich, die Rejjie Snow von Anfang an von der Masse abhoben. Er ging als Support-Act mit Madonna auf Tournee und brach mit seinem Mix Tape „The Moon & You" (2017) sämtliche Regeln. Ein Jahr später erschien sein Debütalbum „Dear Annie", das mit Titeln wie „Egyptian Luvr", „23", „The Rain" und vielen anderen die Grenzen des Genres sprengte. Sein Weg führte ihn unter anderem auch zu Kollaborationen mit Künstlern von Clairo bis Kaytranada.

legte er den Grundstein für das Album und erhielt innerhalb weniger Monate großen Beifall und weit verbreitete Anerkennung. HYPEBEAST nannte es „gleichermaßen psychedelisch wie chillig", und DAZED beschrieb es als „luftiges kleines Liedchen des irischen Rappers, das sich leichter als Luft anfühlt".
Die Single „Mirrors" [feat. Snoh Aalegra & Cam’Obi] kommt in einer sehr lässigen, von der Sonne aufgeladenen Attitüde und einem besonders gefühlvollen und grandiosen Cameo von Snoh im Refrain daher. „Es ist sehr nostalgisch", erklärt Rejjie. „Ich tauche in die vielen kleinen Dinge ein, die mir aus meiner Jugend besonders im Gedächtnis geblieben sind - wie winzige Schnappschüsse – und über die Lyrics versuche ich quasi, eine Geschichte zu malen. Der Song hat einen durch und durch fröhlichen Vibe."

„Vogue" [feat. Tinashe] veranschaulicht die Weite seiner lebendigen Vision und die Bandbreite des Projekts. Der entspannte Vibe von „Relax“ wird noch durch einen Trap-Beat unterstrichen.
Dann wiederum simmern geradezu die Becken unter der Angespanntheit der Strophen und der doppeldeutigen Hook des Tracks „Dear Snow White" und im abschließenden Song „Shooting Star" schießt ein frenetischer Beat über den Himmel, währenddessen Rejjies Gesang inmitten von spacigen Zips und Bleeps höher und höher aufsteigt. „Jeder ist auf seine eigene Weise ein Stern", erklärt er. „Dieser Track ist mein spielerischer Umgang mit dieser Idee - ich möchte versuchen zu inspirieren."
Am Ende könnte „Baw Baw Black Sheep" womöglich genau die Antwort auf die Weltflucht sein, die wir schon lange so nötig brauchen.
„Es wäre großartig, wenn die Menschen die Musik so erleben, als würden sie einen Film schauen", sagt er. „Ich hoffe, dass sie so richtig darin eintauchen werden. Und ich möchte, dass jeder weiß - vor allem Leute aus meiner Gegend -, dass er das Gleiche tun kann. Es ist unglaublich, was man schaffen kann, wenn man Spaß und Freude daran hat, was man tut."

 

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